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Vom Appenzell ins Rockefeller Center: die Geschichte einer mutigen Frau

War es wirklich die Tochter eines Appenzeller Kleinbauern, die Walt Disney zu seiner Figur «Micky Mouse» inspiriert hat? Das jedenfalls meint Margrit Schriber in ihrem neuen Roman «Die Stickerin», der die Lebensgeschichte von Maria Antonia Räss erzählt. Geboren 1893 in Eggerstand, Appenzell Innerrhoden, wuchs Maria Antonia mit 13 Geschwistern auf dem Hof Grüt auf. Heimarbeit gehörte zum Broterwerb, aber auch das traditionelle Handwerk wurde gepflegt: Die Mädchen lernten Sticken und Roulieren, die Buben Stanzen und die Bauernmalerei. Maria Antonias Begabung zeigte sich früh. Schon mit fünf Jahren fädelte sie die Nadeln der Stickmaschinen besser ein als alle anderen. Mit 16 Jahren reiste sie als Schaustickerin in verschiedene europäische Metropolen.

Nach dem Ersten Weltkrieg lernte sie in Lugano Walt Disney kennen, der als amerikanischer Ambulanzfahrer in Italien stationiert gewesen war. Er meinte, Amerika warte auf eine Schaustickerin wie sie. Maria Antonia Räss gründete ihr Label « MRA», wanderte mit 27 Jahren nach Amerika aus und eröffnete ihr Broderie-Geschäft an der Madison Avenue in New York. Später verlegte sie ihren Laden in das berühmte Rockefeller Center. Eleonore Roosevelt, Julie Andrews und Isaac Stern bewunderten ihre Produkte, mit Coco Chanel war sie befreundet. Maria Antonia Räss hat das Appenzeller Kunsthandwerk sozusagen in die Welt hinausgetragen.

In kurzen, stakkatoartigen Sätzen gibt Margrit Schriber in «Die Stickerin» Einblick in das Leben einer couragierten und klugen Frau vor dem Hintergrund zweier Weltkriege, grosser Wirtschaftskrisen und rasanter technischer Veränderungen.

Margrit Schriber: Die Stickerin. Roman. bilgerverlag, 2024.