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Dorfpost-Leitartikel von Gemeinderat Martin Wyss: "Wo Planung, da Konflikte"

Leitartikel von Gemeindrat Martin Wyss in der Küsnachter Dorfpost vom 13. Juli 2016

Wo Planung, da Konflikte

Das Ressort „Planung“ ist - wie jedes andere Ressort des Gemeinderates - aus Sicht des Vorstehers das spannendste und wichtigste für das Funktionieren der Gemeinde. In der Tat werden in der Abteilung Planung viele strategisch wichtige Themen behandelt, etwa die Energiepolitik, das Thema Verkehr und die Richt- und Nutzungsplanung. Kernstück der letzteren ist die Bau- und Zonenordnung, welche aktuell einer Teilrevision unterzogen wird.

Bitte kein Selbstzweck!
Planung ist wichtig. Aber sie darf nicht zum Selbstzweck werden. In der Raumplanung gibt es zwischen dem kantonalen Richtplan und den kommunalen Richt- und Nutzungsplänen noch eine Zwischenstufe: den regionalen Richtplan. Der regionale Richtplan, welcher derzeit revidiert wird, zeigt die Grenzen der Planung auf. Sie gehen mit mir sicher einig, wenn ich die Auffassung vertrete, dass wichtige Strassenprojekte in einem Richtplan erfasst werden müssen und man die Entwicklung vorwegnehmen muss, um rechtzeitig die notwendige Infrastruktur am richtigen Ort erstellen zu können.

Von Amphibien und Eseln
Es gibt aber in der aktuellen Debatte um die Revision des regionalen Richtplans auch Beispiele, wo Planung beinahe als l’art pour l’art betrieben wird. So wurde allen Ernstes in Erwägung gezogen, eine (logischerweise kommunale) Amphibienzugstelle im regionalen Richtplan behördenverbindlich festzulegen. Oder es wurde unlängst in einer separaten Teilrevision ein Richtplaneintrag festgesetzt für das Betreiben eines Eselheims in Hombrechtikon. Ohne solchen Eintrag wäre eine räumliche Entwicklung der bereits bestehenden Institution nicht möglich gewesen. Hier musste also die planerische Vorgabe der Realität angepasst werden. Man begründete – mit einigem Aufwand –, was auf der Hand liegt. Dadurch erwuchsen Planungskosten ohne jeden Mehrwert für die Bevölkerung.

Dicht, dichter, kantonal
Dieses Beispiel zeigt, dass sich Richtpläne häufig dem anpassen, was die Bevölkerung will. Umgekehrt lässt sich der Wille der Bevölkerung alleine durch Richtpläne nicht oder kaum steuern. So nützen enorme Dichtevorgaben im Richtplan nichts, wenn die Bevölkerung der Gemeinde diese Vorgaben nicht in der Bau- und Zonenordnung verankert haben will. Dies aus Sicht eines Gemeindevorstehers. Die kantonalen Behörden sehen das natürlich anders. Sie wollen ihre planerischen Vorgaben (zum Beispiel im Bereich Dichte) durch die Gemeinden umgesetzt haben. Das Interesse der kantonalen Behörden an möglichst vielen, verbindlichen Vorgaben widerspricht dem Interesse der Gemeinden an möglichst viel Autonomie.

Gesamtrevision Richtplan
Mitten in diesem Spannungsfeld bewegt sich die durch einen engagierten Vorstand geführte Zürcher Planungsgruppe Pfannenstil (ZPP) als Zweckverband der Gemeinden. Das Thema regionale Richtplanung ist spannend, sobald man sich ein bisschen eingearbeitet hat. Sie, liebe Leserinnen und Leser, werden im Rahmen der öffentlichen Auflage ab dem 26. August 2016 für 60 Tage die Unterlagen zur Gesamtrevision des regionalen Richtplans einsehen und sich dazu äussern können.

Übersicht im Web
Neben der (behördenverbindlichen) kantonalen und regionalen Richtplanung braucht es auf Gemeindeebene eine grundeigentümerverbindliche Nutzungsplanung; die Bau- und Zonenordnung. Die Küsnachter Bau- und Zonenordnung wird zurzeit revidiert; auf der Homepage der Gemeinde Küsnacht (www.kuesnacht.ch) können Sie sich mit wenigen Mausklicks einen Überblick über den Stand des Projektes verschaffen.

Kontraversen sind Programm
Eines zeichnet sich jetzt schon ab: Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst die niemand kann. So wollen etwa die einen ihr Land von einer Nichtbauzone in eine Bauzone aufwerten lassen. Die anderen lehnen das ab. Und gleichzeitig müssen übergeordnete Vorgaben beachtet werden, andernfalls die durch die Bevölkerung beschlossene Bau- und Zonenordnung durch die kantonalen Behörden nicht genehmigt wird. Diese Diskussion wird intensiv und sicherlich auch kontrovers geführt werden.

Sachpolitik bitteschön!
Ich darf Ihnen ohne Verletzung des Amtsgeheimnisses verraten, dass auch die Mitglieder des Gemeinderats häufig nicht einer Meinung sind. Auch im Gemeinderat werden politische Diskussionen lebhaft und mitunter emotional geführt. Aus diesem Grunde geht der Gemeinderat (natürlich auf eigene und nicht des Steuerzahlers Kosten) nach jeder Sitzung gemeinsam Essen. Dieses Ritual hat sich sehr bewährt, weil dadurch in Erinnerung gerufen wird, dass der vielleicht vorhandene Verdruss nur der Sache geschuldet ist. Es ist für eine Zusammenarbeit ganz zentral, sachliche Differenzen von persönlichen zu trennen.

Fachlich statt persönlich
Und genau dazu möchte ich Sie allgemein, aber insbesondere auch bei den anstehenden Diskussionen in Sachen Richt- und Nutzungsplanung ermuntern: Versuchen Sie, Ihre Ansichten durchzusetzen und Ihre Ziele zu erreichen. Aber seien Sie nicht wütend auf die Mitbürgerinnen und -bürger, die es gleich machen wie Sie. Seien Sie überzeugt von Ihrer Meinung, versetzen Sie sich aber auch bewusst in die Lage der anderen. Und nehmen Sie dadurch die Gelegenheit war, eine fachliche Auseinandersetzung von der persönlichen auseinanderzuhalten. Das ist eine Stärke des Gemeinderates und ich hoffe auch eine Stärke der Gemeinde Küsnacht.

In diesem Sinne freue ich mich auf die anstehenden sachlichen Auseinandersetzungen.

Martin Wyss, Gemeinderat,
Vorsteher Planung